Teil 2

In 29 Tagen jährt sich der Pogrom in Rostock-Lichtenhagen zum dreissigsten Mal. Teil 2/30 In einer sehr persönlichen Erzählung, möchte ich dieser unsäglichen Gewalt der Neonazis von damals aufzeigen. Achtet auf euch! Folgender Thread beinnhaltet Gewalt!

 

 

Meine erste Party mit 14 war eine Abifeier bei uns auf dem Land, in einer Scheune. Das war meistens so. Diese typischen Dorfpartys, im Norden von Deutschland nah an der ehemaligen DDR Grenze. Ich knutschte mit meinem zukünftigen Freund, einem Punker hinter dem Holzstapel von der Sägerei nebenan. Meine Haare waren zu der Zeit komplett abrasiert. Das war im Sommer 93, also ziemlich genau 1 Jahr nach Rostock Lichtenhagen. Die Gewaltspirale war bereits in einem Ausmass, das sich alle beteiligten die ich von damals kenne, das die Bezeichnung „Baseballschlägerjahre“ eine Kuschelockdarstellung ist, von dem was wirklich passiert ist. Gegen ca 22h fuhr ein Feuerwehrauto vor, Ein riesen Trupp von stiernackigen Hammerskins stiegen aus. Sie schoben die Seitentür von ihrem umgebauten Feuerwehrauto auf und in Verankerungen an der Wand war ein ganzes Waffenarsenal feinsäuberlich befestigt. Heute Abend: Kettensägen! Sie standen vor diesem Feuerwehrauto und hielten die Kettensägen über ihre Köpfe. Wer greift schon jemanden an, der eine Kettensägen in der Hand hält?! Dann ging alles sehr schnell. Sie stürmten auf uns, den linken Mob, los. Die Kettensägen hielten einige über ihren Köpfen. Andere schlugen mit vollen Bierflaschen wahllos auf unsere Köpfe ein. Es ist mega abstrakt. Aber ich habe zu dem Zeitpunkt nur gedacht. Zum Glück bin ich so klein.

Gleichzeitig meine guten Freund anschauend, ein grosser Mann. Eigentlich habe ich nur noch Blut gesehen. Er hat sich vor mich gestellt um mich zu schützen – diese Blutlawinen, die mich die nächsten Jahre begleiten sollten, haben dazu geführt, das ich Medizin studiert habe. Es ist schrecklich da zu stehen, in einer Blutlache und nicht zu wissen, wie man seinen Freund*innen helfen kann. Die Hammerskins und auch andere rechtsradikale Gruppierungen in dieser Zeit, veranstalteten mit uns etwas, was ich als reale Wehrsportübungen bezeichnen würde. Je nach Gruppierung gingen sie extrem militärisch und durchdacht vor. Insbesondere wenn wir in einer Gruppe waren. Was bei uns Linken meist so war, weil alleine rausgehen schlicht lebensgefährlich war. Dies wird noch deutlich in einem kommenden Beitrag, wo es um Scheinhinrichtungen geht. Bei Obdachlosen und Migrant*innen war das anders. Aber leider schlimmer, die wurden regelmässig tot geschlagen. Auch die Opferstatistik rechter Gewalt, die zu dieser Zeit bekannt war, stimmte schlicht nicht. Weil die Täter oft minderjährig waren und so nicht strafmündig. Das gehörte zur Strategie der Rechten. Bei allen Gerichtsprozessen, die in den nächsten Jahren folgen sollten, kam es zu keiner Verurteilung. Dadurch auch nicht in die Statistik. Die Hammerskins bei uns gehörten zum Chapter Nordmark, rund um Sven Grewe und seinen beiden Brüdern Hans und Michael Grewe. Diese haben neben dem damals ersten Nazimerch Laden „Buy or Die“ und einigen Fanzines wie „Kahlschlag“

auch viele Anschläge auf Migrant*innen und Linke in und um Rostock verübt! Mehr zu den Gebrüdern Grewe gibt es in einem Backround Info Spezial, innerhalb dieser 30Tage Threads.

 

Aus meiner Sicht wiederholt sich die Geschichte gerade und faschistische Strukturen und die Gewalt von Nazis nimmt extrem zu! Durch die Schwurbler haben sie ein viel grösseres Tor in die Gesellschaft als damals. Lasst uns zusammenstehen, dass diese Gewalt nicht durch dieses Tor geht! Nazis müssen draussen bleiben. Lasst uns zusammenstehen, das der Antifaschismus nicht wieder kriminalisiert wird! • • • Über Feedback, Fragen, Anregungen freuen wir uns via DM oder Mail. Vielleicht habt ihr auch eine Geschichte von „damals“ zu erzählen? Siamo tutti Antifascistx

Eure Betonmaler*innen